Erfurt (BiP). Die Erfurter "Feier der Lebenswende" für konfessionslose Jugendliche findet von Jahr zu Jahr mehr Teilnehmer. Waren es 1998 bei der ersten Feier zwölf Jugendliche, sind es in diesem Jahr 52 Jungen und Mädchen, die am Samstag, 15. Mai um 10 und 14 Uhr in den Erfurter Dom kommen. "Zahlenmäßig können wir uns nicht mit den Jugendweihen messen, aber das wollen wir auch nicht", sagt Dompfarrer Dr. Reinhard Hauke, dem es nicht um "Marktanteile" geht. Er versteht die Lebenswendefeier als Alternative und nicht als Konkurrenz-Angebot zur Jugendweihe.
Haukes Konzept eines Festes für ungetaufte Jugendliche, die den Schritt ins Jugend- und Erwachsenenalter anders setzen wollen, als es bei einer Jugendweihe üblich ist, wird mittlerweile auch anderenorts übernommen, beispielsweise in Halle, Dessau und Magdeburg. Den Dompfarrer erreichen sogar Anfragen von Eltern aus Potsdam und Berlin, die ihr Kind zur Erfurter Feier schicken wollen. Hauke muss dann leider absagen. "Dem Festtag geht eine mehrmonatige Vorbereitungszeit mit zwölf Treffen voraus, daran kann man nicht von Berlin aus teilnehmen", erklärt er.
Die meisten Teilnehmer dieses Jahres sind Erfurter, einige kommen aus Orten wie Sömmerda, Bad Berka, Großfahrner oder Dachwig zu den Treffen. Auf der Grundlage christlicher Literatur bespricht und diskutiert der Dompfarrer mit ihnen Fragen, die sie an der Schwelle zum Jugend- und Erwachsenenalter interessieren. Außerdem führen die Jugendlichen ein Sozialprojekt durch und besichtigen den Dom samt Türmen, Keller und Schatzkammer. Gesprächsbedarf, so hat Hauke gemerkt, gibt es auch bei den Eltern. "Einige haben sich einen Abend gewünscht, um in lockerer Runde Fragen zu Glaube, Kirche und Religion stellen zu können. Das machen wir noch", sagt er.
Aber erst einmal wird am Samstag gefeiert. Das Musikprogramm der Lebenswendefeier um 14 Uhr bestreitet teilweise ein Akkordeon-Orchester, in dem eine Teilnehmerin Mitglied ist. Vormittags erklingt ein Keyboard-Stück, das der Jugendliche Andr? Haufe aus Sömmerda eigens für die Feier komponiert hat. So wie die Jugendlichen sich an ihrem Festtag einbringen, wollen sie auch mithelfen, die Zukunft zu gestalten. Wie das aussehen kann, formulieren sie während der Feier als Wünsche, z.B. zu Gewalt und Krieg: "Es wäre gut, wenn sich die Politiker an einen Tisch setzen und Kompromisse suchen würden, um die politischen Konflikte an der Wurzel zu erkennen und nach friedlichen Mitteln zu suchen und damit einen Militärschlag in anderen Ländern oder die Ausweisung von Ausländern aus dem eigenen Land vermeiden zu können. Wir wünschen uns für den Irak eine demokratisch denkende Regierung. Auch wäre es gut, wenn alle Menschen mehr bereit wären, ihre Konflikte friedlich zu lösen." Wenn sich die Jungen und Mädchen dann am Ende der Feier einen selbstgestalteten Schal um den Hals legen, wird spürbar, dass ihre Wünsche nicht nur Worte bleiben sollen. Denn der Schal symbolisiert ihren Lebensweg - sowohl die Strecke, die hinter ihnen liegt, als auch das, was noch kommt und zu bewältigen ist.
link