Am Samstag, dem 29. November 2025 verstarb Herr Propst i.R. Prälat Paul Julius Kockelmann. Beim Requiem am Samstag, 06. Dezember 2025, um 10:00 Uhr in der Propsteikirche St. Marien zu Heiligenstadt hielt Propst Marcellus Klaus die Predigt:
Liebe trauernden Angehörige, liebe Schwestern und Brüder,
liebe Mitbrüder, lieber Bischof Ulrich!
Die Tageslesungen in der Adventszeit sprechen von dem neuen Anfang, den Gott mit dem Kommen seines Sohnes an Weihnachten setzen möchte. Gerade die Worte des Propheten Jesaja sprechen immer wieder in sehr optimistischen Bildern davon: Mit dem erneuten Kommen Gottes erblüht die Wüste, entsteht Frieden zwischen alle Lebewesen, wird ein Festmahl mit erlesenen Speisen und Weinen gegeben, aus dem Libanon wird ein edler Baumgarten oder einfach die Tränen der Menschen werden getrocknet. Auch heute hörten wir in der Lesung, wie eine neue Zeit anbricht. Alles wird neu sein, wenn der Herr, wie es im letzten Vers der Lesung heißt, „den Bruch seines Volkes verbindet und die Wunden seines Schlages heilt!“
Die Erfüllung dieser Prophezeiung des Jesajas nimmt das Evangelium auf. Jesus zieht durch das Land und verkündet das Reich Gottes und heilt die Menschen mit deren Krankheiten und Leiden. Damit das Neue sichtbar und spürbar wird, beruft Jesus Jünger, die, wie er, das Reich Gottes verkünden, und die, wie er, sich der Menschen annehmen und sie an Körper und Seele heilen.
In dieser Stunde feiern wir das Requiem für unseren verstorbenen Altpropst Paul Julius Kockelmann. Sein Leben war von diesen beiden adventlichen Aspekten geprägt. Er hat an den unerschöpflichen Optimismus Gottes geglaubt, der sich immer wieder den Menschen mit seiner Liebe und Annahme zeigt. Und er hat sich rufen lassen, diese Botschaft den Menschen zu bringen und ihnen zu dienen. Wir feiern das Requiem in großer Dankbarkeit. Wir sind dankbar, dass Gott uns Jus Kockelmann als Bruder und Freund, als Wegbegleiter und Seelsorger, als Mensch und Priester geschenkt hat.
Wie können wir heute sein Leben würdigen, unseren Dank formulieren und uns gegenseitig im Auferstehungsglauben als Christen stärken? In dem wir einfach auf sein Leben schauen und das ins Wort heben, was eben dieses sein Leben ausgemacht hat. Dabei ist uns sein Sterbebildchen eine Hilfe. Wenn wir auf dieses schauen da entdecken wir drei wundervolle Aspekte.
Zunächst lächelt uns Jus mit seinem ihm eigenen Schalk an. Die Aufnahme entstand zu seinem 70. Priesterjubiläum im April letzten Jahres. Er war Priester mit dem ganzen Herzen. Er wollte für die Botschaft des Reiches Gottes leben.
Dann können wir den Vers aus Psalm 98 lesen: „Jubelt ihr Lande dem Herrn, alle Enden der Erde schauen Gottes Heil!“ Für sein Sterbebildchen hat er sich diesen Vers ausgesucht. Hier finden wir sein Dasein als Verkünder. Er hat das Heil Gottes den Menschen verkündet.
Und dann sehen wir das Schwarzweißbild mit dem Clown, der seine Maske vor dem Kreuz abnimmt und sich von Jesus in seiner ganzen Wirklichkeit anschauen lässt. Dieses Bild zeigt uns den Glauben von Prälat Kockelmann. Er war ein Glaubender. Er wusste, dass Christus auch ihn erlösen wird und ihm Gemeinschaft mit Gott schenkt.
Schauen wir etwas tiefer auf diese drei Aspekte.
Der Priester
- Paul Julius Kockelmann hat als junger Mensch sich entschieden den Weg als Priester zu gehen. Aufgewachsen in Berlin, Nordhausen und Erfurt studierte er in Fulda Theologie und wurde 1954 zum Priester geweiht. Er wollte der Botschaft von der universalen Liebe Gottes dienen. Sein Weg als Priester führte ihn in ganz verschiedene Regionen des Bistums. Er war Kaplan in Gotha und Rudolstadt, wobei einige munkeln, er musst von Gotha weg, weil er etwas frech und vorlaut war. Die nächsten Stationen waren Keula, eine ärmliche Station im Kyfhäuserkreis, und die Arbeit als Jugendseelsorger im Eichsfeld mit Sitz in Heiligenstadt. Dabei prägte er Generationen von Jugendlichen und legte den Grundstein für die späterer Jugendpastoral im Marcel Callo Haus.
Es folgte die Pfarrstelle in Birkungen und dann seine Berufung als Propst und Bischöflicher Kommissarius nach Heiligenstadt. Hier prägte und gestal-tete er über fast 30 Jahre das kirchliche Leben des Eichsfelds, zuerst noch im sozialistischen Staat, dann mit den wichtigen Erfahrungen der neuen Freiheit im vereinten Deutschland. Gerade die DDR Zeiten waren für ihn als der Vertreter des Bischofs auf dem Eichsfeld eine große Herausforderung. Er hat versucht einen Weg zu finden und zu gehen, der ein Miteinander er-möglichte. Dabei war mancher Kompromiss von Nöten. Aber in Not und Sorge war er da, half wo er konnte und gab aus dem christlichen Glauben heraus Orientierung. Im Nachgang und bei der Beurteilung von unterschiedlichen Situationen ist man immer schlauer. Er hat sein Bestes für die Menschen und die Kirche im Eichsfeld gegeben.
Die Stationen als Rektor auf dem Kerbschen Berg und seinen Ruhestand hier wieder in Heiligenstadt runden seinen Dienstweg als Priester ab. Aus seine ihm eigene Weise lebte er seinen Dienst als Priester. Dafür dürfen wir heute besonders Danke sagen.
Der Verkünder
Als Priester stellte sich Jus Kockelmann der Verkündigung des Reiches Gottes und tat dies mit großer Begeisterung. „Jubelt ihr Lande dem Herrn!“ Hinter diesem Psalmvers finden wir seine ganze Leidenschaft für das Evangelium. Alle Enden des Lebens sollen von dem Jubel, von der Liebe Gottes zu den Menschen erfasst werden. Dies tat er mit seinem ihm gegebenen Humor. Ich vermute, dass wir alle, die wir uns in diesen Tagen über Jus unterhalten haben, sofort eine Geschichte auf Lager hatten, die von diesem Humor erzählte.
Er war Seelsorger. Wir danken, dass er auch in der persönlichen Begleitung vieler Menschen, diese, die Liebe Gottes hat spüren lassen.
Er war kreativ und nutzte in der Katechese und in der Verkündigung immer gerne zwei Handpuppen. Bis heute sprechen Menschen, die ihn auf diese Weise positiv erlebt haben, davon.
Er war Mitbruder und hat versucht den Klerus zusammenzuhalten. Dekanatskonferenzen waren immer Orte des Austausches, aber auch Ort der herzlichen Begegnung und des Lachens. So sagte er einmal auf einer solchen Konferenz: „Ach ja, am Samstagabend kann man zwischen den Ta-gesthemen und dem Wort zum Sonntag immer noch eine Anregung vom Bischöflichen Ordinariat für die Sonntagspredigt lesen!“
Er war ein großer Ökumeniker. Als Vorsitzender der Ökumenekommission und auch als Pfarrer hier in Heiligenstadt hat er mutig begonnen, Wege im Miteinander der Kirchen für die Einheit der Kirche zu gehen.
Er war literarisch sehr interessiert und manchmal litt darunter auch ein wenig die Pastoral. So wurde schnell mal, weil die Literatur gerade wichtiger war, vermeldet: „Beichte ist heute in Ägidien“.
Oder er erwiderte auf die Kritik an einer nicht so gelungenen Sonntagspredigt: „Wenn die Sportschau nicht gewesen wäre, wäre die Predigt sicher besser geworden!“
Er war ein guter Beobachter und konnte Situationen und Personen schnell erfassen. Über meinen ersten Pfarrer als Kaplan lernte ich diesen Spruch von Jus Kockelmann kennen: „Spannend erzählt, ist noch lange nicht gelogen.“ Er gehört heute fest zu meinem Sprüche Repertoire. Seine Schlagfertigkeit erlebte ich kurz nach seinem Umzug in den Johanniter am Richteberg. Nach einem von mir gefeierten Gottesdienst, sagte Maria Rossi, auch eine Institution unserer Pfarrei St. Marien: „Na Herr Prälat, das war doch mal ein frischer, jugendlicher Gottesdienst!“ Darauf antwortete Paul Julius trocken: „Jedem gelingt es nicht!“
„Alle Enden der Erde schauen Gottes Heil!“ Durch sein Mensch- und Priestersein hat er geholfen, dass sich das Psalmwort ein wenig erfüllt hat. Danken wir dafür.
Der Glaubende
Die Figur des Clowns hat Paul Julius Kockelmann auf seinem Lebensweg begleitet: Der Clown, der Humor und Spaß verbreitet, der andere zum Lachen bringt, der unliebsame Wahrheiten sagt. Der Clown, der sich hinter Masken versteckt und am Ende des Tages sich einsam und verlassen fühlt. Wir Menschen sind sicher immer auch ein wenig wie Clowns, die sich eben hinter Masken verstecken, damit all das, was an uns unerlöst ist, nicht zum Vorschein kommt. Jus Kockelmann hat sich in diesem Bild wiedergefunden.
Das Bild von Sieger Köder auf dem Sterbebild zeigt uns nun, wie der Clown vor dem Kreuz ist. Er braucht seine Maske nicht mehr, er braucht sich hinter ihr nicht mehr zu verstecken, er darf so wie er ist vor Jesus sein. Und der Gekreuzigte, der sein Leben für die Menschen gibt, schaut ihn mit seiner ganzen Liebe und tiefer Annahme an.
Hier finden wir unseren christlichen Glauben, hier finden wir den Glauben von Paul Julius Kockelmann. Er wusste sich geliebt und angenommen und konnte damit auch mit seinen Schwächen und seinem Versagen leben und diese mit seinem Herzen annehmen.
Es ist unser christlicher Glaube der uns heute an einen barmherzigen Gott glauben lässt. Ihm dürfen wir auch all das anvertrauen, was wir von Prälat Kockelmann nicht wissen, wo er Schuld und Sünde auf sich geladen hat, was uns an ihm unbekannt geblieben ist. Möge unser verborgener Gott ihm alles lohnen was er geschenkt und gegeben hat, möge er aber auch Verzeihung und Vergebung gewähren. Danken wir für sein Glaubenszeugnis!
Liebe Schwestern und Brüder!
In der Adventszeit wird uns im Kommen des Sohnes Gottes, die unerschütterliche Liebe Gottes zu uns Menschen verkündet. Egal was passiert, Gott steht zu uns Menschen und möchte, dass wir in der Gemeinschaft mit ihm leben. Wir feiern das Requiem für Paul Julius Kockelmann und werden ihn im Anschluss hier auf dem Priesterfriedhof beisetzen. Im adventlichen Glauben ist er seinen Lebensweg als Mensch und Priester gegangen. Danken wir unserem Gott für seine Liebe und sein Zeugnis. Beten wir für ihn, dass Gott ihm alles lohne, was er gegeben und geschenkt hat und ihn mit seiner Gemeinschaft erfüllt.
Lassen wir uns von seinem Lebenszeugnis für unseren eigenen Glaubensweg inspirieren. Leben wir unsere Berufung als Christen. Helfen wir, dass an den Orten, wo wir stehen und leben, das Heil Gottes sichtbar und erfahrbar wird. Werden wir glaubende, dass Jesus der Gekreuzigte uns annimmt und liebt und uns zur Gemeinschaft mit Gott führen wird.
Amen.

