Glaubenszeugen. Heilige als Gefolgsleute Christi

Predigt von Bischof Neymeyr am 2. Weihnachtsfeiertag

© geralt / cc0 – gemeinfrei / Quelle: pixabay.com

Meine lieben Schwestern und Brüder im Herrn,

das Fest des Heiligen Stephanus ist ein Einschnitt in die weihnachtliche Festfreude. Am 4. Adventssonntag, am Heiligen Abend und am 1. Weihnachtstag hatten wir drei Tage lang Gelegenheit, die Freude und Seligkeit des Weihnachtsfestes zu feiern. Und heute hören wir von der Steinigung des ersten christlichen Märtyrers. Mit der liturgischen Feier der Geburt Christi verbanden schon die ältesten liturgischen Kalender eine Reihe von Heiligenfesten im unmittelbaren Anschluss an das Weihnachtsfest. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass das Christuskind nicht alleine geblieben ist, sondern dass viele Christen ihr Leben mit ihm teilten und dass für manche die Gemeinschaft mit Jesus Christus und der Glaube an ihn wichtiger waren als das eigene Leben. Im Mittelalter sah man in diesen Heiligen das Ehrengefolge des Christuskindes und nannte sie „Comites Christi“, Gefolgsleute Christi. In der römischen Liturgie sind dies der erste Märtyrer Stephanus am 26.12, der Apostel und Evangelist Johannes am 27.12 und die von Herodes ermordeten Kinder von Bethlehem am 28.12. In ihnen sah man die drei möglichen Formen des Martyriums dargestellt. Beim Heiligen Stephanus war das Martyrium willentlich und wirklich. Beim Heiligen Johannes war es willentlich aber nicht wirklich, weil er nicht als Märtyrer verehrt wird, und bei den unschuldigen Kindern war das Martyrium wirklich aber nicht willentlich.

Die Feier der Heiligen als Gefolgsleute Christi ist natürlich nicht nur eine dankbare Erinnerung an ihr Glaubens- und Lebenszeugnis, sondern zugleich die Ermutigung, in die Nachfolge Christ zu treten und das Leben mit ihm zu teilen. Es ist bedeutsam, dass die Gefolgsleute Christi, deren Heiligenfeste im unmittelbaren Anschluss an Weihnachten begangen werden, Märtyrer waren. In unserer heutigen Begrifflichkeit ist es völlig selbstverständlich, dass ein Märtyrer jemand ist, der aufgrund seiner religiösen Überzeugung getötet wird. Nach den grausamen Taten muslimischer Selbstmordattentäter musste ergänzt werden, dass ein Märtyrer jemand ist, der wegen seines Glaubens getötet wird ohne selbst Gewalt angewendet zu haben. Es ist nicht hinnehmbar, dass auch heute in muslimischen und kommunistischen Ländern Christen benachteiligt, verfolgt und getötet werden, weil sie Christen sind. Alle, die sich dagegen einsetzten verdienen unsere Unterstützung. Wir ermahnen die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, ihren Einfluss geltend zu machen. Selbstverständlich bekommen verfolgte Christen bei uns Asyl. Das Gebet für die verfolgten Christen ist uns ein ständiges Anliegen.
Erst ab dem 2. Jahrhundert wurden die Christen, die ihres Glaubens wegen getötet worden waren, als Märtyrer bezeichnet. Zum ersten Mal im Bericht vom Martyrium des Heiligen Polykarp aus dem Jahr 160. Das griechische Wort „mártys“ heißt eigentlich „Zeuge“. Es kam im Bericht von der Steinigung des Heiligen Stephanus vor: „Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hieß.“ (Ap 7,58). Märtyrer sind Glaubenszeugen. Sie haben mit ihrem Martyrium buchstäblich alles verloren, nicht nur das Leben. Mit der Todesstrafe war bei den Römern die Enteignung des Privat- und Familienvermögens verbunden, d.h. die Familie stand mittellos da. Die gesellschaftliche Ehrenstellung des Verurteilten wurde aberkannt und die Märtyrer der Urkirche, wie der Heilige Stephanus, sind mit der berechtigten Sorge gestorben, dass mit ihnen der Glaube an Jesus Christus ausstirbt. Die Märtyrer sind in eine für uns unvorstellbaren Entweltlichung gestorben. Es blieb den Märtyrer nur noch die „Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Röm 8,39). Die Märtyrer sind nicht nur Zeugen ihres Glaubens, sondern auch Zeugen der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist und die auch bleibt, wenn alles andere versinkt. Wir danken ihnen für ihr Glaubenszeugnis und lassen uns dazu ermutigen, dieser Liebe Gottes immer mehr zu vertrauen.

Es gilt das gesprochene Wort