Bischof Wanke: Wort zu Weihnachten 2002

In diesen Tagen erhielt ich von einem Mitglied der katholischen Gemeinde in Friedrichroda Weihnachtsgrüße. Im Brief standen auch einige persönliche Dinge, u.a. eine Erinnerung an den Kessel von Stalingrad, in dem genau vor 60 Jahren Tausende Soldaten eingeschlossen waren. Die meisten von ihnen kamen damals ums Leben. Einige konnten im Sterben beten, andere nur fluchen. Der Briefschreiber selbst sei auch im Kessel gewesen, aber er kam wie durch ein Wunder mit dem Leben davon. Er bat mich, an die Toten des letzten Krieges auch in der Öffentlichkeit zu erinnern, damit das alles nicht vergessen werde.


Gern komme ich der Bitte dieses Mannes nach. Zu schnell gehen wir angesichts des Leids und so vieler Katastrophen in der Welt zur Tagesordnung unserer Alltagsgeschäfte über. Wer denkt an die Toten - an die Toten von damals und die von heute?


Weihnachten ist ein Fest, das an die große Perspektive des menschlichen Lebens erinnert. Zum Leben gehört das Sterben, aber zum Sterben gehört die Hoffnung auf Leben jenseits des Todes, auf Licht trotz aller Dunkelheiten, auf Vollendung auch jener Biographien, die - aus welchen Gründen auch immer - jäh und unvermittelt abgebrochen wurden. Ich erinnere nur beispielsweise an die Toten vom 26. April dieses Jahres in Erfurt.


Weihnachten mit seiner Botschaft, mit seinem Lichtglanz steht für die Hoffnung auf Leben. Der christliche Gottesglaube erkennt in dem Kind von Bethlehem den Lebensbringer, der dem Tod den Stachel des Sinnlosen genommen hat. Wer an den Gott und Vater Jesu Christi glaubt, vertraut einem Gott, der durch das Sterben hindurch in ein Leben der Fülle führen kann.


Allen Thüringerinnen und Thüringern wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und ein gesegnetes, glückliches neues Jahr. In diesen Wunsch schließe ich die kraftvolle Hoffnung auf Leben ein. Möge uns diese Hoffnung nie verlassen!




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