Elisabeth wird heilig gesprochen

Papst Gregor IX., Urkunde der Heiligsprechung
der heiligen Elisabeth (Auszüge der Übersetzung)

Von seinem erhabenen Sitz in der Herrlichkeit des ewigen Vaters sah unser Erlöser Jesus Christus das Elend der Menschen, die unter der moralischen Hässlichkeit der Sünde leiden. Im überströmenden Mitleid beschloss Gottes unerforschliche Vorsehung, dass unsere Menschennatur, das Werk seiner Hände, seine allumfassende Barmherzigkeit spüren solle, und durch ihn von den Schatten des Todes befreit werde und zurück in das Heimatland der göttlichen Freiheit finde. (…)

Die heilige Elisabeth von königlicher Abkunft und geschätzte Landgräfin von Thüringen gab sich ernsten Überlegungen über das Geheimnis der Erlösung hin. In solchen Betrachtungen übte sie sich seit ihrer Kindheit bis zum Ende ihres Lebens. Vor allen Dingen sehnte sie sich danach, der ewigen Herrlichkeit würdig zu werden, und widmete sich den Tugenden, wie unser Herr sie uns vorgeschrieben hat.
Sie hörte niemals auf, ihren Nächsten zu umsorgen. Immer bekannte sie sich zu dem wahren Glauben und weihte ihr Leben einer Frömmigkeit, die in der Liebe zum göttlichen Sohne und der Königin des Himmels lebendig war. Sie liebte ihre Nachbarn so sehr, dass sie sich wünschte, immer solche Menschen um sich zu haben, denen man sonst aus dem Wege ging. Freiwillig unterwarf sie sich in vielen Dingen der Armut, um vor bedürftigen Menschen reich zu sein.

Von ihrem frühesten Alter an war sie der Freund und Beschützer der Armen, weil sie wusste, dass sie dadurch das ewige Leben erlangen werde. (…) Als Witwe kleidete sie sich in eine Kluft, in der sie bis zu ihrem Tode das Geheimnis von Christi Leidensgeschichte nachlebte. (…)
Elisabeth ergab sich ihrem unsterblichen Bräutigam in unermüdlicher Liebe, und indem sie ihre irdische Würde zum Dienste einer Magd erniedrigte, trat sie in die Gemeinschaft mit der Königin des Himmels. Sie war wie die anderen Heiligen, die Gottes Gesetzen und Geboten freudig folgten. (…)

Diese unfassliche und unergründliche Verklärung lässt ihren Geist in die Ewigkeit des göttlichen Lichtes eingehen, dessen Strahlen durch die großen Wunder, die den Glauben, die Hoffnung und die Liebe vermehren und den Gestrauchelten wieder auf den rechten Weg der Wahrheit helfen, in den Abgrund unserer Dunkelheit reichen. Ketzer fühlen sich im Innersten beschämt, wenn sie sehen, wie Tote zum Leben erweckt werden, Blinde sehen, Taube hören, Stumme sprechen, Schwache wieder laufen können und weite Gebiete Deutschlands, die sie mit ihren Lehren vergiften wollten, sich freudig der wahren Kirche zuwenden.

Alles das bewirkt die göttliche Gnade durch die Verdienste dieser Heiligen, die auf der Welt von einfacher Gesinnung war, unfehlbar gütig, ihre Sünden und die der anderen beklagte, nach Gerechtigkeit durstete, Barmherzigkeit übte, ein reines Herz bewahrte, den Frieden liebte und Verfolgung und Schande mit tiefem Ernst ertrug. Diese bewundernswerte Lebenshaltung und die vielen Wunder sind unwiderlegbar bezeugt worden. Wir haben unsere Brüder, die ehrwürdigen Patriarchen, Erzbischöfe, Bischöfe und Prälaten unseres Hofes befragt, weil wir es für unsere Pflicht halten, dass der Ruhm unseres Erlösers sich mehre. Danach haben wir den Namen Elisabeths in das Buch der Heiligen geschrieben, damit ihr Fest am dreizehnten Tag der Kalenden des Dezembers gefeiert werde, an dem Tage, als sie die Fesseln des Todes sprengte und zur Quelle der höchsten Freuden gelangte. (…)

Wir gewähren jedem, der seine Sünden mit wirklicher Zerknirschung beichtet und Elisabeths Schrein am Festtage oder während der Oktav des Festtages besucht, um dort zu beten und zu opfern, einen Ablass von vierzig Tagen. Aufgeschrieben in Perugia in den Kalenden des Juni im neunten Jahr unserer Amtszeit.


Papst Gregor IX.
zu Pfingsten, am 27. Mai 1235

Eine Kopie des lateinischen Originals ist im Erfurter Dom ausgestellt.
Papst Gregor IX., Urkunde der Heiligsprechung der heiligen Elisabeth
(Auszüge der Übersetzung)