Hilfeportal Sexueller Missbrauch des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs:
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Die Ergebnisse der von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Studie über den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der Katholischen Kirche in Deutschland haben bei mir erneut große Betroffenheit ausgelöst. Die Studie zeigt, dass sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen in unserer Kirche leider kein seltenes Vergehen ist. Die betroffenen Kinder und Jugendliche haben im kirchlichen Raum erhebliche Gewalt in Form von sexuellem Missbrauch erfahren müssen, dessen bedrückende Folgen ihr ganzes Leben prägen.
Einige Betroffene haben mir von ihrem Leid berichtet. Diese leidvollen Geschichten haben mich nachhaltig erschüttert. Jeder Betroffene muss die Unterstützung bekommen, die für ihn nötig und hilfreich ist. Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, Informationen zu sexuellem Missbrauch sorgfältig und konsequent nachzugehen. Dafür danke ich den Missbrauchsbeauftragten des Bistums Erfurt sowie den Mitgliedern der Missbrauchskommission, dass sie ihre Fachkompetenz dem Bistum Erfurt zur Verfügung stellen und uns bei der Aufarbeitung der von Vertretern der katholischen Kirche verursachten Schuld unterstützen.
Wir als katholische Kirche sind uns unserer besonderen Verantwortung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in unseren Einrichtungen und Kirchengemeinden bewusst. Deshalb werden wir die Präventionsarbeit in unserem Bistum in gewohnter Weise fortsetzen und intensivieren. Dies gilt in besonderer Weise für die Ausbildung und Begleitung der Priester, Diakone und pastoralen Mitarbeitenden. Allerdings möchte ich auch darum bitten, jetzt nicht alle Priester unter Generalverdacht zu stellen. Ich danke allen Priestern und kirchlichen Mitarbeitenden, die sich in der Kinder- und Jugendseelsorge engagieren und dabei liebevoll und völlig korrekt den jungen Menschen begegnen.
Die mir bis jetzt bekannten Ergebnisse der Studie zum Thema „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ (MHG – Studie) haben mich tief aufgewühlt, besonders im Hinblick auf das andauernde Leid, dass Betroffenen durch Priester und Diakone im Dienst der Kirche zugefügt wurde. Das aufgezeigte Ausmaß, in dem hier Kleriker als Beschuldigte und ebenso Verantwortliche in der Leitung Schuld auf sich geladen haben, so wie die benannten strukturellen Faktoren in der Kirche, die sexuellen Missbrauch begünstigen können, gehen deutlich über das hinaus, was ich als Resultat befürchtet habe.
Jede der begangenen Taten ist eine zu viel. Ich kann nur bei allen Betroffenen um Entschuldigung bitten.
Nach diesen einleitenden Worten gehe ich auf den Ansatz und die Teilschritte der Studie ein. In Auftrag gegeben wurde die Studie durch die Bischöfe für ihren Verantwortungsbereich (27 Diözesen) bei einem Forschungskonsortium mit Experten aus Instituten in Mannheim, Heidelberg und Gießen – daher der Name „MHG“.
Ziele waren einerseits die Erhebung genauer Zahlen über den Missbrauch von Minderjährigen durch Kleriker im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz und andererseits die Erlangung einer wissenschaftlichen Expertise zu Strukturen, systemimmanenten und institutionellen Faktoren der Kirche, die Missbrauch begünstigen können. Die Auswertungen erfolgten für den gesamten Bereich der Bischofskonferenz und wurden nicht im Blick auf die einzelnen Bistümer spezifiziert.
Auf dieser Grundlage wurden durch die Forscher sieben Teilprojekte entwickelt.
Im Teilprojekt I wurde in allen Bistümern die Datenlage hinsichtlich der Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige (im Dienst des jeweiligen Bistums) im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz erfasst.
Teilprojekt II beinhaltete Interviews für qualitative biografische Analysen mit Betroffenen und Beschuldigten, die von den Forschern ausgewählt wurden.
Im Teilprojekt III wurde über Strafakten ein Vergleich mit weiteren Institutionen vorgenommen.
Teilprojekt IV analysiert die laufende Präventionsarbeit bzgl. sexuellen Missbrauchs in unserer Kirche.
Im Teilprojekt V wurde eine Sekundäranalyse nationaler und internationaler Befunde vorgenommen. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die Forschungsergebnisse aus den Untersuchungen zum sexuellen Missbrauch in Diözesen der USA gerichtet.
Am aufwändigsten war das Teilprojekt VI. Hier wurden in allen 27 Diözesen Personalakten von Klerikern systematisch durchgesehen im Hinblick auf etwaige darin enthaltene Hinweise zu sexuellem Missbrauch an Minderjährigen. Das Forscherkonsortium hat hierbei bezüglich der Zeiträume der zu prüfenden Akten zwei Gruppen von Diözesen benannt:
In einem Drittel der Bistümer wurden alle Personalakten von Klerikern und männlichen Ordensangehörigen im Dienst der Diözese für den Zeitraum 1946 bis 2014 überprüft.
Bei den restlichen Diözesen wurden alle Personalakten der im Zeitraum 2000 bis 2014 lebenden und zum Bistum zählenden Priester und Diakone (im aktiven Dienst und pensioniert) sowie von männlichen Ordensangehörigen im aktiven Dienst der Diözese gesichtet.
Unser Bistum Erfurt gehörte nach Entscheidung des Forschungskonsortiums zu dieser zweiten Gruppe. Bei uns wurden insgesamt 268 Personalakten durchgesehen.
Schließlich wurde die Studie um das Teilprojekt VII erweitert. Hierbei handelte es sich um eine anonymisierte Onlinebefragung zum sexuellen Missbrauch in der Katholischen Kirche, zu der vor allem Betroffene angesprochen waren.
Die Ergebnisse der Studie werden wir im Bistum Erfurt, sobald sie uns im Ganzen vorliegen, intensiv studieren und prüfen, welche weiteren Konsequenzen sich für uns daraus ergeben müssen. Laufende Bemühungen und Projekte im Bereich der Prävention von sexuellem Missbrauch werden konsequent weiter geführt und in Hinsicht auf die Ergebnisse der Studie evaluiert.
Nachfolgend die Angaben und Zahlen, die die Verhältnisse im Bistum Erfurt bezüglich des Themas angeben.
Im Zeitraum zwischen 1946 und 2014 haben im Gebiet des heutigen Bistums Erfurt insgesamt 948 Priester Dienst getan.
In diesem Zeitraum wurden 10 Priester des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen beschuldigt. Uns sind 12 Personen bekannt, die als Minderjährige von diesen Personen sexuell missbraucht wurden. Davon waren 10 Betroffene männlichen Geschlechts und 2 Betroffene weiblichen Geschlechts. Die Mehrzahl der Taten wurde im Zeitraum bis 1980 verübt.
Zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Taten waren 7 der 10 Beschuldigten bereits verstorben. Daher konnten nur drei Fälle der Staatsanwaltschaft und der zuständigen vatikanischen Behörde (Glaubenskongregation) in Rom gemeldet werden.
Durch die Staatsanwaltschaft wurden in zwei Fällen Verfahren eingeleitet. Eines dieser Verfahren wurde wegen Verjährung eingestellt. Im zweiten Verfahren verstarb der Beschuldigte vor Abschluss des Verfahrens.
Die römische Glaubenskongregation veranlasste in einem der gemeldeten Fälle ein kirchliches Strafverfahren. Dieses endete mit einem Strafurteil und Auflagen (keine pastorale Tätigkeit, keine Feier öffentlicher Gottesdienste, turnusmäßige Reflexionsgespräche).
Weiterhin sind uns für den Zeitraum 1946 bis 2014 weitere 18 Betroffene (3 männlich, 15 weiblich) bekannt, die im Bereich des heutigen Bistums Erfurt als Minderjährige durch 12 Nichtkleriker (6 männlich, 6 weiblich) im kirchlichen Dienst sexuell missbraucht wurden. Diese Betroffenen und Beschuldigten sind durch die Studie nicht erfasst.
Für den Zeitraum 2015 bis heute (25.9.2018) wurden keine Fälle sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker oder Nichtkleriker im Dienst des Bistums Erfurt gemeldet.
Bis zum heutigen Tag wurden in unserem Bistum durch Betroffene 18 Anträge auf materielle Anerkennung des erlittenen Leids gestellt. Diese wurden mit der zentralen Koordinierungsstelle in Bonn abgestimmt. Entsprechend den Empfehlungen der zentralen Koordinierungsstelle wurden durch das Bistum Erfurt bisher 61.000 Euro an Betroffene ausgezahlt. Zudem wurde im Rahmen der Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz allen Betroffenen angeboten, Therapien finanziell zu unterstützen. Bisher wurden finanzielle Unterstützungen für 120 Therapiestunden abgerufen.
Bereits 2010 wurden im Bistum Erfurt bezüglich der Prävention von sexuellem Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener die Vorgaben und Ordnungen der Deutschen Bischofskonferenz in Kraft gesetzt und die Präventionsanstrengungen stetig weiter intensiviert. Im Bistum wurde eine Mitarbeiterin als Präventionsbeauftragte mit einem wöchentlichen Stundenanteil von 20 Arbeitsstunden angestellt.
Schulungen von Priestern und hauptamtlichen Mitarbeitern in der Pastoral und den Personalverantwortlichen der Bistumsleitung sind erfolgt und werden kontinuierlich weiter geführt. Präventionsschulungen wurden in die turnusmäßigen Weiterbildungen von Priestern und pastoralen Mitarbeitern aufgenommen.
In die Priesterausbildung, die Ausbildung von Gemeindereferenten und Gemeindereferentinnen sind „Module“ zur Prävention von sexuellem Missbrauch integriert.
Alle haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiter in der Pastoral und in den Schulen des Bistums legen erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse zur Einsicht vor und unterzeichnen die „Selbstauskunfts- und Verpflichtungserklärung“ (Verpflichtung zum achtsamen und korrekten Umgang mit Kindern und Jugendlichen, Verpflichtung zur Prävention von Missbrauch).
Ebenso erfolgen Schulungen von Ehrenamtlichen. Auch ehrenamtlich engagierte Mitarbeitende im Bereich „Kindern und Jugend“ müssen erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen und die „Selbstauskunfts- und Verpflichtungserklärung“ unterzeichnen, um tätig werden zu können.
An der vollständigen Umsetzung dieser Vorgabe wird kontinuierlich weiter gearbeitet. Das Projekt zur Erstellung und Implementierung von institutionellen Schutzkonzepten vor sexuellem Missbrauch in Einrichtungen und Kirchengemeinden hat begonnen.
Als Ansprechpartner für Betroffene von sexuellem Missbrauch stehen im Bistum Erfurt zwei unabhängige Missbrauchsbeauftragte zur Verfügung: Frau Ursula Samietz und Herr Dipl. Med. Michael Kellert. Die Kontaktdaten sind veröffentlicht und auf der Website des Bistums hinterlegt.
Der Bischof und die Bistumsleitung werden beim Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch durch eine Beraterkommission unterstützt. Dieser gehören auch als unabhängige Externe die beiden Missbrauchsbeauftragten und zwei Juristinnen (eine Staatsanwältin, eine Richterin) an.
Als Priester der Katholischen Kirche bin ich dankbar, dass die Bischöfe die Studie mit dem Ziel initiiert haben, nicht nur Vergangenes zu erfassen, sondern von außen darauf schauen zu lassen, welche Faktoren und Bedingungen innerhalb der Institution und den Strukturen von Kirche diese Untaten begünstigten und immer noch begünstigen. Es war mit der Beauftragung der Studie auch ausdrücklicher Wille der Bischöfe, die sich ergebenden Resultate der Studie ernst zu nehmen:
• als Grundlage für die Fortführung und bessere Akzentuierung der Anstrengungen bei der Prävention von sexuellem Missbrauch,
• als Grundlage für einen besseren, achtvolleren Umgang mit Betroffenen,
• und als Aufgabe der Theologie, sich mit allen Ergebnissen der Studie zu befassen.
Abschließend zitiere ich Bischof Dr. Neymeyr, der sich wie folgt zur Studie geäußert hat:
„Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, Informationen zu sexuellem Missbrauch sorgfältig und konsequent nachzugehen. Dafür danke ich den Missbrauchsbeauftragten des Bistums Erfurt sowie den Mitgliedern der Missbrauchskommission, dass sie ihre Fachkompetenz dem Bistum Erfurt zur Verfügung stellen und uns bei der Aufarbeitung der von Vertretern der katholischen Kirche verursachten Schuld unterstützen. Wir als katholische Kirche sind uns unserer besonderen Verantwortung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in unseren Einrichtungen und Kirchengemeinden bewusst. Deshalb werden wir die Präventionsarbeit in unserem Bistum in gewohnter Weise fortsetzen und intensivieren. Dies gilt in besonderer Weise für die Ausbildung und Begleitung der Priester, Diakone und pastoralen Mitarbeitenden. Allerdings möchte auch darum bitten, jetzt nicht alle Priester unter Generalverdacht zu stellen. Ich danke allen Priestern und kirchlichen Mitarbeitenden, die sich in der Kinder- und Jugendseelsorge engagieren und dabei liebevoll und völlig korrekt den jungen Menschen begegnen.“
Mit großem Entsetzen und tiefer Betroffenheit haben wir, die Missbrauchsbeauftragten des Bistums Erfurt und Mitglieder der katholischen Kirche, die Ergebnisse der Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ zur Kenntnis genommen.
Machtmissbrauch und individuelle sexuelle Bedürfnisse haben in all diesen Fällen das Gebot der Christliche Nächstenliebe ad absurdum geführt. Die christliche Botschaft des Evangeliums ist hier nicht mehr zu spüren.Das Vertrauen in die katholische Kirche hat großen Schaden genommen.
Seit Bekanntwerden von Fällen sexualisierter Gewalt in unserem Bistum sind die Missbrauchsbeauftragten federführend an der Aufarbeitung von bekanntgewordenen Fällen aktiv beteiligt.
Als Ansprechpartner für Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch im Sinne der Leitlinien im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz wurde seit 2010 jedem Hinweis Betroffener mit Nachdruck nachgegangen.
Wir standen und stehen auch weiterhin für vertrauliche Gespräche und die Vermittlung erforderlicher Hilfsangebote zur Verfügung. Ebenso sind wir Ansprechpartner für die Entgegennahme von Anträgen auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde.
Jeder Betroffener von sexualisierter Gewalt in der Katholische Kirche und im Besonderen in unserem Bistum hat das Recht auf eine adäquate Entschädigung und die für ihn individuell notwendigen medizinischen, seelischen und therapeutischen Unterstützungsangebote.
Wir ermuntern hiermit ausdrücklich alle Betroffene von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche im Zuständigkeitsbereich des Bistums Erfurt auf, sich auch weiterhin bei uns zu melden. Nur so ist eine lückenlose Aufarbeitung möglich und kann Vertrauen in die katholische Kirche zurückgewonnen werden.
Ursula Samietz und Michael Kellert
Missbrauchsbeauftragte des Bistums Erfurt
Die Bischöflichen Beauftragten Michael Kellert und Ursula Samietz sind Ansprechpartner für Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch im Sinne der Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz.
Sie stehen für vertrauliche Gespräche und die Vermittlung von Hilfsangeboten zur Verfügung. Darüber hinaus sind sie Ansprechpartner für die Entgegennahme von Anträgen auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde.
Tag für Tag werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene in den Kirchengemeinden und Einrichtungen des Bistums betreut, gefördert und ausgebildet.
Dies soll in einer Atmosphäre geschehen, in der sich alle angenommen fühlen und sicher sind. Dabei kommt es auf eine Haltung der gegenseitigen Wertschätzung und des Respekts an.
„Miteinander achtsam leben“ ist das Leitmotiv der Präventionsarbeit.
Dipl.-Med. Michael Kellert
Telefon: 0172 79 13 933
E-Mail: michael.kellert@gmx.de
Ursula Samietz
Telefon: 0174 32 84 004
E-Mail: ursula.samietz@web.de
Carmen Bröckl
Präventionsbeauftragte im Bistum Erfurt
Telefon: 0361 65 72 - 357
E-Mail: praeventionsbeauftragte@bistum-erfurt.de
Das Forschungsprojekt ist ein Konsortium aus verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen. Dazu gehören das Zentralinstitut für seelische Gesundheit (Mannheim), das Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg, das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg und die Professur für Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug an der Universität Gießen. Aus den drei Ortsnamen Mannheim – Heidelberg – Gießen ist die Abkürzung MHG zusammengesetzt.
Mit der Studie will die katholische Kirche in Deutschland mehr Klarheit und Transparenz zum Thema sexueller Missbrauch an Minderjährigen erlangen - um der Opfer willen, aber auch, um selbst die Verfehlungen zu sehen und alles dafür tun zu können, dass sie sich nicht wiederholen. Mit der Studie sollen belastbare Daten erhoben werden zur Häufigkeit von und zum Umgang mit sexuellen Missbrauchshandlungen an Minderjährigen. Zudem erfolgt eine qualitative Analyse
institutioneller Einflüsse im Sinne einer „Täter-Opfer-Institutionen-Dynamik“. Dabei geht es vor allem darum, eine vertiefte Einsicht über das Vorgehen der Täter und über das Verhalten von Kirchenverantwortlichen in den zurückliegenden Jahrzehnten zu erhalten. Diese Einsicht erfolgt über exemplarische Interviews mit Betroffenen, mit Verantwortlichen der Kirche sowie mit Tätern. Wichtig ist es, dass mit der Studie eine Zusammenführung bereits vorliegender nationaler und internationaler empirischer Befunde und Studienergebnisse erfolgt.
Die Studie wurde 2013 international ausgeschrieben. Das Forscherkonsortium um Prof. Dr. Harald Dreßing als Verbundkoordinator konnte sich in der Ausschreibung durchsetzen. Das Forschungsdesign wurde am 24. März 2014 in Bonn vorgestellt.
Dem Beirat der Studie gehören an: Prof. Dr. Heiner Keupp (Wissenschaft), Prof. Dr. Friedrich Lösel (Vorsitzender des Beirates, Wissenschaft), Prof. Dr. Karlijn Demasure (Kirche), Prof. Dr. Jörg M. Fegert (Wissenschaft), Staatsministerin a. D. Roswitha Müller-Piepenkötter (Opferverbände), Matthias Katsch (Opferverbände), Bischof Dr. Stephan Ackermann (Kirche), Bischof Dr. Franz Jung (Kirche) und zwei Betroffene.
Es gibt seit 2016 die vom Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) einberufene unabhängige Aufarbeitungskommission in Deutschland, nachdem der Bundestag dieser zugestimmt hatte. Die Tätigkeit der unabhängigen Aufarbeitungskommission besteht im Wesentlichen darin, Anhörungen mit Opfern sexuellen Missbrauchs durchzuführen oder deren schriftliche Berichte zu lesen. Sie will aufdecken, wodurch sexuelle Gewalt in der Kindheit ermöglicht wird und herausfinden, weshalb Hilfe und Intervention nicht möglich waren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Forschungstätigkeit. Jedoch kann die Kommission im Rahmen ihrer Tätigkeit keine Ermittlungen zu einzelnen Taten oder Tätern durchführen und Zeugen oder Täter nicht vorladen. Sie nimmt keine Rechts- oder Einzelfallberatung vor und schaltet sich nicht in individuelle Fälle ein (Quelle: www.aufarbeitungskommission.de).
Die Wissenschaftler der MHG-Studie haben unabhängig gearbeitet. Die Absicht des Projekts war aber keine Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs auf der Ebene der deutschen Bistümer, sondern eine wissenschaftliche Studie zu den oben genannten Zielen. Deshalb wurde keine Kommission, sondern ein Konsortium von Wissenschaftlern beauftragt.
Die Studie umfasst den Zeitraum 1946 bis 2015 (10 Bistümer) bzw. 2000 bis 2015 (17 Bistümer), so dass die in diesem Dokument genannten Zahlen von Stand 2015 sind. Einige Teile des Forschungsprojektes bezogen sich jedoch nur auf die Zeit bis 2014. Die Bistümer stellen aktuelle Zahlen zur Verfügung, die mit denen aus der Studie daher nicht vergleichbar sind.
In neun (zehn) Diözesen wurden die Personalaktenbestände ihrer Priester ab dem 1. Januar 1946 ausgewertet. Diese wurden nach Kriterien der Zufälligkeit und Repräsentativität durch die Wissenschaftler ausgewählt: Bamberg, Berlin, Essen, Freiburg, Hamburg, Magdeburg, Paderborn, Speyer und Trier. Das Erzbistum München und Freising kam aufgrund schon geleisteter Vorarbeiten etwas später auch zu dieser Gruppe. Alle anderen Diözesen werteten die Personalaktenbestände der Priester ab dem 1. Januar 2000 aus.
Die Ordensgemeinschaften wurden nicht gefragt, ob sie sich an der Studie beteiligen, weil eine solche Studie äußerst umfangreich gewesen wäre (440 Ordensgemeinschaften in der Deutschen Ordensobernkonferenz) und weil die Deutsche Bischofskonferenz bzw. die Bistümer keine Jurisdiktion über die Orden haben. Eine solche Studie müsste durch die Orden bzw. durch die Deutsche Ordensobernkonferenz in Auftrag gegeben werden. So wurden in der MHG-Studie nur jene Ordensleute berücksichtigt, die einen Gestellungsauftrag mit einem Bistum haben. Allerdings gibt es eine Reihe von Sonderstudien im Blick auf den Ordensbereich, z. B. der Jesuiten und der Benediktiner (Kloster Ettal).
Ein Gestellungsvertrag wird zwischen einem Bistum und einer Ordensgemeinschaft geschlossen. Die Ordensgemeinschaft stellt zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe im Bistum ein Ordensmitglied zur Verfügung und erhält dafür ein Gestellungsgeld. Männliche Ordensangehörige mit Gestellungsvertrag sind Bestandteil der MHG-Untersuchung.
Die Kosten der Studie, die der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) aufgewendet hat, liegen bei rund 1 Mio Euro. Diese wurden aus dem Etat des VDD bezahlt.
Seit 2010 hat ein Perspektiv- und Paradigmenwechsel stattgefunden. Nicht mehr das unbeschadete Ansehen der Kirche steht im Vordergrund, sondern der Blick auf das Leid der Opfer. Es gilt, dass man ihnen grundsätzlich glaubt, sie müssen keine Beweise für die Tat vorlegen. Lediglich die Plausibilität ihres Tatberichts wird abgefragt. Eine Kultur der Achtsamkeit etabliert sich allmählich.
Seit 2010 hat es zahlreiche Maßnahmen gegeben, um den sexuellen Missbrauch aufzuarbeiten und zukünftig soweit wie möglich zu verhindern. Hierzu wurden unter anderem die Leitlinien zum Verhalten im Zusammenhang mit Fällen des Missbrauchs und die Rahmenordnung Prävention erstellt und überarbeitet. Es findet auf Bundesebene eine jährliche Fortbildungstagung zu Fragen sexuellen Missbrauchs statt, die Kirche unterstützt den Bund (UBSKM) in der AG Schutzkonzepte und hat sowohl am durch den UBSKM angestoßenen Monitoringprozess, durchgeführt durch das Deutsche Jugendinstitut (DJI), teilgenommen als auch in einer Vereinbarung mit dem UBSKM umfangreiche Maßnahmen zu institutionellen Schutzkonzepten verabredet.
Die Kirche ist beschämt und erschüttert über die Ergebnisse. Es gilt – was die deutschen Bischöfe schon 2010 gesagt haben -, dass die Prämisse Opferschutz vor Täterschutz gelten muss. Dazu wird die Kirche erneut das Gespräch mit den Betroffenen suchen. Gleichzeitig sind Betroffene gebeten, sich bei den Stellen der Kirche zu melden, damit ihnen zugehört wird und aufgearbeitet werden kann.
Die Kirche wird den 2002 eingeschlagenen und 2010 verschärften Weg einer kompromisslosen Aufarbeitung fortsetzen. Das gilt auch für die Täter: Missbrauch ist ein Verbrechen, das geahndet werden muss. Gemäß den Leitlinien, die zurzeit wieder in der Überprüfung sind, wird auch die Frage der Versetzung von Tätern bzw. der Weiterbeschäftigung im kirchlichen Dienst mit äußerster Schärfe und Sorgfalt behandelt.
Es gibt keinen kirchlichen Straftatbestand der „Vertuschung“. Insofern es sich aber um ein absichtliches und zielgerichtetes Handeln einer Person handelt, Hinweise auf sexuellen Missbrauch zurückzuhalten oder gar zu verdecken, sodass ihnen nicht weiter nachgegangen werden kann, ist dies eine Pflichtverletzung im Amt, die Konsequenzen nach sich zieht.
In den vergangenen Jahren hat nicht zuletzt durch die verstärkte Präventionsarbeit die Achtsamkeit für sexualisierte Gewalt auch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit spürbar zugenommen, so dass sich hinsichtlich der Problematik der Vertuschung ein Mentalitätswandel abzeichnet. In Fortbildungen sollte verstärkt auf die Pflichtverletzung der „Vertuschung“ hingewiesen werden.
Die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) hat sowohl die Leitlinien als auch die Rahmenordnung der Deutschen Bischofskonferenz „adaptiert“, sodass für Ordensleute, die sich nicht in einem Gestellungsvertrag befinden, die gleichen Regelungen gelten wie für Ordensleute, die im Auftrag eines Bistums tätig sind.
Einige Orden haben eigene Studien veranlasst (z. B. das Kloster Ettal). Die DOK nimmt am Verfahren auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde, über die Zentrale Koordinierungsstelle teil.
Die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz wird Konsequenzen aus der Studie beraten und diese dann veröffentlichen.
Diese Fragen müssen individuell durch die Bistümer beantwortet werden. Generell ist festzuhalten: In Bezug auf die Nennung der geleisteten Anerkennungszahlungen ist zu erwarten, dass die inzwischen tatsächlich geleisteten Zahlungen sichtlich höher sind, als die von den Wissenschaftlern erfassten. Das System der Anerkennungsleistungen existiert seit 2011. Dadurch wird durch die Studie nur etwa die Hälfte des Zeitraums erfasst, in dem solche Zahlungen geleistet wurden. Empfehlenswert wäre hier ebenfalls, die Summe der seit 2014 bis heute geleisteten Zahlungen bereitzuhalten. Einige Bistümer haben zudem Zahlungen geleistet, die über die Empfehlungen der Zentralen Koordinierungsstelle (ZKS) hinausgingen oder ohne Befassung der ZKS vorgenommen wurden. Darüber hinaus wurden häufig auch Therapieleistungen bezahlt, die in der von den Wissenschaftlern genannten Gesamtsumme der ZKS-Empfehlungen nicht enthalten sind. Auch dies sollte in der Kommunikation berücksichtigt werden.
Insgesamt wurden bis zum Herbst 2017 (Stichtag 18. September 2017) für 1.788 Anträge auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde, von der Zentralen Koordinierungsstelle Empfehlungen in Höhe von 8.782.000,00 Euro ausgesprochen. Die Empfehlungssummen reichten hierbei von 1.000 Euro bis zu 15.000 Euro. Das sind im Durchschnitt ca. 5.000 Euro pro Antrag.
Hinzuzufügen ist, dass häufig auch Therapieleistungen bezahlt wurden, die in der von den Wissenschaftlern genannten Gesamtsumme der ZKS-Empfehlungen nicht enthalten sind.
Sofern die Möglichkeit besteht, soll die Anerkennungsleistung durch den Täter bezahlt werden. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, weil dieser z. B. bereits verstorben ist oder nicht über entsprechende Mittel verfügt, wird die Leistung von der zuständigen kirchlichen Körperschaft (Diözese, Orden, Trägerverein) nach dem Subsidiaritätsprinzip bezahlt. Generell geben die Bistümer zu dieser Frage Auskunft, etwa auch, inwieweit man die gezahlten Anerkennungsleistungen von den Tätern zurückgefordert hat.
Nach den Personal- und Handakten wurden 1.670 Kleriker des sexuellen Missbrauchs beschuldigt.
Es waren 1.429 Beschuldigte Diözesanpriester, 159 Beschuldigte Ordenspriester im Gestellungsvertrag und 24 Beschuldigte hauptamtliche Diakone.
Zur zeitlichen Verteilung siehe auch Abb. 6.1 auf der S. 256 der MHG-Studie: „Bei der Analyse der zeitlichen Häufung dieser Erstbeschuldigungen ergab sich ein Muster unterschiedlicher Häufungen über die Fünfjahreszeiträume des Untersuchungszeitraums (1946 bis 2014) hinweg. Demnach ergab sich eine Häufung der Erstbeschuldigungen ab Mitte der 1950er bis Mitte der 1970er Jahre. Beim jüngsten dargestellten Zeitraum (2011 bis 2014) ist zu berücksichtigen, dass er aufgrund der Erhebungsfristen des Forschungsprojektes nur vier Jahre umfasste und deshalb entsprechend weniger Erstbeschuldigungen umfasste.“
Insgesamt konnten nach Personal- und Handakten 3.677 Kinder und Jugendliche als von sexuellem Missbrauch betroffen zugeordnet werden (Seite 5 der MHG-Studie).
62,8 Prozent der Betroffenen waren männlichen und 34,9 Prozent weiblichen Geschlechts. Bei 2,3 Prozent fehlten Angaben zum Geschlecht. Zur Altersstruktur vgl. S. 6 der MHG-Studie: „Beim ersten sexuellen Missbrauch waren 51,6 Prozent der Betroffenen bis maximal 13 Jahre alt. Vierzehn Jahre und älter waren 25,8 Prozent; bei 22,6 Prozent war das Alter unbekannt (TP 6). Das mittlere Alter von Betroffenen, von denen das Alter bekannt war, lag bei 12,0 Jahren (TP 6 und TP 3) bzw. bei 10,6 Jahren (TP 2).“
Betroffene können sich weiterhin an die Ansprechpersonen der Diözesen wenden, die auf der Homepage www.dbk.de und auf den entsprechenden Websites der Diözesen zu finden sind. Ein Beratungstelefon für Betroffene, die im Rahmen der Berichterstattung Unterstützung benötigen sowie ein begleitendes Internetportal, werden vom 25. September an für einige Tage bereit stehen.
In der Regel führen die Betroffenen ein Gespräch mit den Ansprechpersonen der Diözesen, ggfs. in Begleitung einer Vertrauensperson. Wenn gewünscht, werden auch Gespräche mit dem Bischof oder auch dem Generalvikar vermittelt. Wie häufig das der Fall ist, wäre ebenfalls in den einzelnen Diözesen nachzufragen.
Die Studie vermerkt dazu: Aus kirchlicher Sicht drastische oder irreversible Sanktionen wie Entlassung aus dem Priesterstand oder Exkommunikation waren in geringer Zahl verzeichnet.
Im Jahr 2011 wurde durch die Deutsche Bischofskonferenz ein Fonds zur Förderung von Präventionsprojekten innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche eingerichtet, der mit einem Kapital von 500.000 Euro ausgestattet war. Insgesamt wurden daraus 43 Projekte gefördert. Im Jahr 2010 wurde die Rahmenordnung Prävention in Kraft gesetzt, die die Schutzmaßnahmen grob definiert. Damit erging der Auftrag an die Diözesanbischöfe, die Vorgaben der Rahmenordnung in diözesanen Präventionsordnungen zu spezifizieren. Zwei Vereinbarungen mit dem UBSKM (2012 und 2016) haben das Ziel, die Umsetzung der Präventionsmaßnahmen transparent zu machen. Es finden jährliche Fortbildungen für Generalvikare, Personalverantwortliche, Missbrauchs- und Präventionsbeauftragte statt (vgl. unten). Im Jahr 2015 wurde die Bundeskonferenz der diözesanen Präventionsbeauftragten eingerichtet (vgl. unten). Diese setzt sich dafür ein, dass in allen Diözesen einheitlich geltende Schutzstandards entwickelt werden. Die Bundeskonferenz hat hierzu einige Materialien entwickelt: Arbeitshilfe „Kinder haben Rechte“ und die Leitprinzipien (beide sind online verfügbar).
In einer Erklärung der Frühjahrs-Vollversammlung am 25. Februar 2010 Veröffentlichung der vier Leitgedanken: „die Wahrheit aufdecken, die Leitlinien auswerten, die Prävention stärken und Verantwortung verorten“. Ernennung des Beauftragten für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich, seit 2015 mit dem Zusatz „und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes“.
Einrichtung des Büros für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich, seit 2015 mit dem Zusatz „und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes“. Von 2010 bis 2011 Teilnahme am Runden Tisch sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich der Bundesregierung.
Erste Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch wurden bereits im Jahr 2002 veröffentlicht. Überarbeitung der Leitlinien 2010. Erneute Überarbeitung 2013. (Rahmenordnung Prävention und Präventionsfonds s. o.). Seit 2011 findet eine jährliche Fortbildungstagung zu unterschiedlichen Themen zum sexuellen Missbrauch statt, die sich an Generalvikare, Personalverantwortliche, Präventions- und Missbrauchsbeauftragte richtet. Seit November 2015 unterstützt die Bischöfliche Arbeitsgruppe für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes den Beauftragten. 2011 Einrichtung des Verfahrens auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde, seit 2013 Teilnahme am Ergänzenden Hilfesystem des Bundes. Mitarbeit in der AG Schutzkonzepte und im Beirat des UBSKM. In 2015 Einrichtung der Bundeskonferenz der diözesanen Präventionsbeauftragten.
Die Zahl ist unbekannt.
Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Wir achten in der Priesterausbildung und bei der Zulassung zur Weihe auf eine umfassende menschliche und sexuelle Reife der Kandidaten.
Vom Beginn des Bewerbungsverfahrens bis zur Priesterweihe geben die Ausbildungsverantwortlichen regelmäßig Impulse zur Auseinandersetzung mit den Themen Sexualität und Zölibat. Dazu zählen die regelmäßig stattfindenden Semestergespräche zwischen dem Priesterkandidaten und der Ausbildungsleitung, die monatlichen (oder häufigeren) Gespräche des Priesterkandidaten mit seinem geistlichen Begleiter, die Präventionsschulungen, die Gespräche im Rahmen der psychologischen Standortbestimmung und der Evaluation der psychosozialen Kompetenzen. Im Laufe der Ausbildung gibt es mehrere spezielle Module (Blockseminare, wöchentliche Kursstunden) zur zölibatären Lebensform des Priesters und zur Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität. Darüber hinaus wird auch die Frage des Umgangs mit dem Thema der Homosexualität in der Priesterausbildung besonders berücksichtigt. Pastoralpsychologische Basiskurse fördern außerdem die Auseinandersetzung der Priesterkandidaten mit der eigenen Person im Blick auf die menschliche Reife insgesamt.
Spezielle Module zur Prävention sexualisierter Gewalt sind in die Ausbildung der Priesterkandidaten implementiert. Bei der praktischen Durchführung bzw. der konkreten Terminierung im Laufe der Ausbildung gibt es in den Diözesen und Ausbildungshäusern unterschiedliche Modelle, z. B. zwei jeweils 12-stündige Präventionsschulungen, die eine zu Beginn der Ausbildung im Rahmen des Propädeutikums, die andere nach Abschluss des Studiums vor dem Beginn des Einsatzes im pastoralen Dienst in einer Pfarrei. Die regelmäßige Einholung des erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses zu Beginn des Bewerbungsverfahrens aber auch im weiteren Verlauf der Ausbildung, gehören zum Standard.
Eine generelle Meldepflicht an die Glaubenskongregation besteht erst seit dem entsprechenden Päpstlichen Gesetz von 2001 (Motu Proprio Sacramentorum sanctitatis tutela), allerdings nur, wenn der Beschuldigte noch nicht verstorben ist.
Es gibt im kirchlichen Rechtsbereich Strafen. Für Kleriker (Priester und Diakone) gibt es zum einen die sogenannte Suspension. Sie besteht darin, dass ihm alle oder auch nur einige Akte seiner Ausübung der Rechte als Kleriker, die er durch die Weihe erhalten hat, untersagt werden. Die Suspension eines Klerikers ist eine sogenannte Beugestrafe, die zum Ziel hat, dass sich der Straftäter von seinem falschen Weg abwendet und Verantwortung für seine Taten übernimmt. Zum anderen gibt es die Entlassung aus dem Klerikerstand als Strafe. Sie wird bei schweren Straftaten
verhängt, so auch bei sexuellem Missbrauch von Minderjährigen. Es handelt sich dabei um die dauerhafte Entbindung von den Rechten und Pflichten des Klerikers.
Die Sorge, dass die im kirchlichen Gesetzbuch (vgl. c. 489 § 2 CIC) ausgesprochene Verpflichtung zur Vernichtung von „Akten der Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren, deren Angeklagte verstorben sind oder die seit einem Jahrzehnt durch Verurteilung abgeschlossen sind“, eine wissenschaftliche Untersuchung der Missbrauchsfälle vereiteln würde, ist weitgehend unbegründet, weil das Kirchenrecht von Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren spricht. Es ist zunächst zu prüfen, inwieweit tatsächlich Verfahrensakten existieren oder ob es sich vielleicht nur um Hinweise auf Sittlichkeitsdelikte handelt, die nicht zu einem kanonischen Verfahren geführt haben. Letztere werden nicht vernichtet. Außerdem bleiben auch bei den tatsächlich zu vernichtenden Verfahrensakten die zentralen Informationen weitgehend erhalten, da der Fall und das Endurteil aufzubewahren sind. Die vom Kirchenrecht geforderte Zusammenfassung sollte so gestaltet sein, dass kein Informationsverlust erfolgt.
In der Studie heißt es dazu: „Monokausale Erklärungen für das deutliche Überwiegen männlicher von sexuellem Missbrauch betroffener Kinder und Jugendlicher durch Kleriker der katholischen Kirche greifen zu kurz. (…) In diesem Kontext sind deshalb auch ambivalente Aussagen und Haltungen der katholischen Sexualmoral zur Homosexualität und die Bedeutung des Zölibats zu diskutieren. Die Verpflichtung zu einem zölibatären Leben könnte Priesteramtskandidaten mit einer unreifen und abgewehrten homosexuellen Neigung als Lösung innerpsychischer Probleme erscheinen, die zusätzlich die Aussicht auf ein enges Zusammenleben ausschließlich mit Männern (…) mit sich bringt. Insoweit könnten spezifische Strukturen und Regeln der katholischen Kirche ein hohes Anziehungspotential für Personen mit einer unreifen homosexuellen Neigung haben. (…) Das komplexe Zusammenspiel von sexueller Unreife, abgewehrten und verleugneten sowie die zum Zeitpunkt der Berufswahl möglicherweise latenten homosexuellen Neigungen in einer ambivalenten,
teilweise auch offen homophoben Umgebung könnte also eine weitere Erklärung für das Überwiegen männlicher Betroffener beim sexuellen Missbrauch durch katholische Kleriker bieten. Allerdings sind weder Homosexualität noch Zölibat eo ipso Ursachen für sexuellen Missbrauch von Minderjährigen.“ (Vgl. S. 11 der Studie)
Nicht die zölibatäre Lebensweise oder die sexuelle Ausrichtung als solche bewirken, dass Priester oder Diakone Kinder und junge Menschen sexuell missbrauchen. Deshalb sind ein Verzicht der Kirche auf das Zölibatsversprechen oder die Zurückweisung homosexuell orientierter Priester kein Lösungsangebot hinsichtlich des Missbrauchs. Entscheidend sind die Persönlichkeitsstärke und -reife des Einzelnen. Sie machen im positiven Fall eine überzeugende zölibatäre Lebensführung
möglich, im negativen Fall stehen sie ihr im Weg. Wohl aber müssen und werden wir uns sorgfältig und kritisch fragen, welchen negativen Einfluss die kirchliche Sexualmoral im moralischen Umfeld, in dem Seminaristen und Geistliche in der Kirche leben, nehmen kann oder tatsächlich nimmt.
Das Zölibatsversprechen ist in erster Linie die Zusage zu einem Verzicht, der aus Gründen des persönlichen Glaubens erfolgt. Die Ehelosigkeit symbolisiert die besondere Verbundenheit mit Jesus Christus. In diesem Sinn ist der Zölibat zeitgemäß. Ob er immer an das Priestertum in der römisch-katholischen Kirche gebunden sein muss, wird diskutiert.
Hierzu ist das Ergebnis der MHG-Studie sorgfältig auszuwerten. In jedem Fall legt die Studie nahe, dass die Dominanz männlicher Amtsträger die Vertuschung begünstigt hat.
Wir brauchen insgesamt ein neues Miteinander in der Kirche im Sinne einer Achtsamkeit und einer qualifizierten Feed-Back-Kultur. Es braucht eine entsprechende Diskussion über das Priesterbild und es braucht entsprechende Maßnahmen in der Auswahl der Priesteramtskandidaten, sowie der Aus- und Fortbildung der Priester.
Die schon vorgenommenen Verlängerungen der Verjährungsfristen sowohl im kirchlichen wie im staatlichen Bereich wurden begrüßt. Im kirchlichen Bereich betragen die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger 20 Jahre. Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem die minderjährige Person ihr achtzehntes Lebensjahr vollendet.
Das Beichtgeheimnis erstreckt sich auf alle innerhalb der sakramentalen Beichte erworbenen Kenntnisse und ist unter allen Umständen, auch über den Tod des Beichtenden hinaus, einzuhalten. Die Verletzung des Beichtgeheimnisses wird innerkirchlich streng bestraft. Das Beichtgeheimnis ist gegenüber Eingriffen auch von staatlicher Seite geschützt (vgl. Zeugnisverweigerungsrecht in Zivilprozessordnung und Strafprozessordnung). Es besteht allerdings für den Beichtvater die Möglichkeit, die Absolution zu verweigern.
Der Beichtpriester kann und muss im Übrigen den deutlichen Versuch unternehmen, den Beichtenden im Fall sexuellen Missbrauchs dazu zu bringen, sich seiner Verantwortung zu stellen. Alles, was im seelsorglichen Gespräch außerhalb der Beichte im engen Sinn des Sakraments besprochen wird, unterliegt dieser strengen Geheimhaltung nicht.
Die Bischofskonferenz hat beschlossen: Um das Anliegen von Papst Franziskus, der den nationalen Bischofskonferenzen seine Bitte zur Einrichtung eines „Tages des Gebetes und der Buße für die Opfer sexuellen Missbrauchs“ übermittelt hat, aufzugreifen, wird der Gebetstag jetzt auch in Deutschland durchgeführt werden. Der Gebetstag soll im zeitlichen Umfeld des durch den Europarat initiierten „Europäischen Tages zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“ begangen werden. Dieser findet seit 2015 jeweils am 18. November statt. Die Ziele des europäischen Tages sind es, Impulse für einen verbesserten Kinderschutz zu geben und die Gesellschaft weiterhin für die Thematik des sexuellen Kindesmissbrauchs zu sensibilisieren.
Auf der Homepage der Deutschen Bischofskonferenz werden rechtzeitig Materialien zum Gebetstag für Missbrauchsopfer bzw. zum Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zur Verfügung gestellt werden.