16. Dezember

Ikonenbeten im Advent

Die Verkündigung an Josef

Während Lukas sich bei der Verkündigung auf die Figur Marias konzentriert, legt Matthäus den Schwerpunkt auf Josef, den Sohn Davids, in der Verkündigung durch denselben Boten Gottes. Nur ist es bei Josef ein Traum, in dem der Engel zu ihm spricht und ihm das Geheimnis dieses Sohnes enthüllt, den Maria, seine Frau, in sich trägt. Hören wir, was Matthäus sagt:

„Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Braut, zu dir zu nehmen; denn das Kind, das in ihr gezeugt wird, ist vom Heiligen Geist: Sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus (d. h.: der Herr rettet) geben; denn er ist es, der sein Volk von seinen Sünden erlösen wird.“ Matthäus 1,18.

Wer ist Josef? Was lehrt er uns über unsere Beziehung zu Gott?

Matthäus beschreibt Josef als einen gerechten Mann. Das heißt, er lebt nach dem Willen Gottes.

Auch wenn er Zweifel bezüglich Marias Schwangerschaftsgeschehen hatte, zweifelte er nicht an der Güte und Barmherzigkeit Gottes gegenüber seinem Geschöpf.

Deshalb wollte er sie um jeden Preis vor der Gewalt des Gesetzes schützen, das ihm das Recht gab, sie zu steinigen. Er wollte sie nicht in Verruf bringen und hatte überlegt, sich heimlich von ihr scheiden zu lassen.

Aber der Engel erschien ihm im Traum und enthüllte ihm das Geheimnis dieses geheimnisvollen Sohnes.
Josef „tat, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte“ (Matthäus 1,24) und nahm Maria, seine Frau, zu sich. Er ist wahrlich „der treue Diener, den der Herr über sein Haus gesetzt hat“.

In dieser Ikone, die ein Ausschnitt aus der Ikone der Geburt Christi ist, sehen wir Josef sitzend, nachdenklich und mit nach innen gerichtetem Blick. Diese Haltung des sitzenden Mannes ist die Haltung eines betenden Mannes, der das Wort der Schrift meditiert.

Er trägt braune Kleidung als Zeichen seiner Menschlichkeit. Er gehört zur Erde, wie wir. Er ist demütig und gleicht uns in seinem Zögern und seinen Zweifeln. Der Heiligenschein auf seinem Kopf ist ein Zeichen seiner Heiligkeit.

Vor Josef steht eine alte und gebeugte Gestalt, die zu ihm aufblickt, als würde sie mit ihm sprechen. Doch Josef schaut sie nicht an. Vielleicht hört er sie. Sie ist in Tierfelle gekleidet, und neben ihr steht ein Schaf oder eine Ziege.

In ihrer Hand hält sie außerdem einen Stab, der uns an die Figur des Hirten erinnert.

Wer ist diese Person? Ist es der Versucher, der Josefs Gefühle um die Person Marias verwirren will? Ist es Adam, der in Tierfelle gekleidet ist, um an die Abstammung Josefs, des Sohns Davids, des Sohns Adams, zu erinnern? Oder ist er der Prophet Jesaja, der Josef die Verwirklichung des Heils im Heute durch das von Gott gegebene und von seinem Volk seit Jahrhunderten erwartete Zeichen ankündigt:

„Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, das Mädchen wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben.“ (Jesaja 7,14)
Dieses lang ersehnte Zeichen offenbart sich vor den Augen Josefs, der in einer Haltung tiefer Kontemplation und Meditation vor dem Geheimnis der Menschwerdung steht.

Was hat er angesichts eines solchen Mysteriums zu sagen? Der schweigsamste Mann der Bibel wird nur ein einziges Wort sagen, das ein Echo des Wortes des Engels ist; er wird dem Wort Gottes den Namen geben: „Und du sollst ihm den Namen Jesus geben, das heißt, der Herr rettet“. 

Jesus ist gleichzeitig der Immanuel, Gott mit uns, und der Herr, der rettet. Er ist mit uns, um uns vor allem zu retten, was uns von ihm, dem Leben, entfernt. Mit anderen Worten, uns vor dem zu retten, was uns nicht an Gott angleicht.

Josef lehrt uns diese Angleichung. Durch seinen Glauben an das Wort Gottes, durch seine Gebetshaltung, die es ihm ermöglicht, das Wort zu hören, auch wenn er es nicht versteht, durch seinen Gehorsam, der ein Handeln für Gott und für das Leben ist, lehrt uns Josef Treue und Vertrauen.
Werden wir es schaffen, uns wie er auf Gott und sein Wort einzustellen?

Mit Josef lernen wir auch Freiheit; die Freiheit, nicht im Gesetz zu erstarren, sondern den Mut zu haben, es zu überwinden, wenn es das menschliche Leben und die Nächstenliebe berührt.

Würden wir es wie er wagen, die Menschenwürde angesichts von Gesetzen zu verteidigen, die unsere Brüder und Schwestern verurteilen und zerstören?

Und schließlich lehrt uns Josef in unseren Zweifeln die Geduld. Wenn alles vor uns wie eine verschlossene Tür, ein Weg ohne Ausweg erscheint, ist Josef da, um uns zu zeigen, dass „für Gott nichts unmöglich ist“ (Lukas 1,37).

Erstellt von Sr. Ester, Karmelitin von St Joseph - Libanon

Die Meditation ist auch als Video verfügbar unter: www.missio-hilft.de/ikonen